Wenn es um Phänomene kultureller Stabilisierung und Stabilität geht, leiden die Geisteswissenschaften kaum noch unter Verständigungsschwierigkeiten. Sie haben in den letzten rund 50 Jahren ein breites Instrumentarium zur Erforschung kultureller Reproduktion erarbeitet. Stichworte wie Habitus und Diskurs, institutionelle Mechanismen und Struktur verweisen auf elaborierte, breit diskutierte und akzeptierte Standardmodelle historischen Deutens. Sie bieten einen brauchbaren Diskussionsrückhalt für die Erforschung kultureller Re-produktion.
Viel schlechter steht es, wenn nicht Reproduktions-, sondern Transformationsphänomene zu erklären sind. Die Wissenschaftssprache ist dominiert von intuitiv prozessorientiertem Vokabular (Modernisierung, Bürokratisierung, Differenzierung, Assimilierung, Integration, Akkulturation, usw.) und von Veränderungsmetaphern. Zwar gehören die Defizite intentionaler, kausaler, funktionaler, strukturaler, entwicklungsgeschichtlicher, teleologischer oder psychologischer Deutungsmodelle heute zum Proseminarwissen, und schnell lassen sich entsprechende Erklärungsmodelle dekonstruieren. Aber welche Alternativen gibt es? Wie kann der Wandel komplexer sozialer Konstellationen wissenschaftlich erfasst werden? Derzeit ist von einer Methodologie historischer Transformationsforschung noch kaum etwas zu erkennen – weder als Phänomengeschichte (historische Transformationslogiken), noch als Disziplingeschichte (wissenschaftliche Transformationsmodellierung).
Das Forschungsfeld 6 arbeitet an dieser Methodendiskussion mit Hilfe verschiedener empirischer Test-Anordnungen, insbesondere mit Blick auf (1) Christianisierungen, (2) Personalentscheidungen, (3) Ressourcenregime.