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Visual Humanities

Visual Humanities - Typisierungen des Menschen um 1900

Die sich in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts herausbildenden Wissenschaften vom Menschen entwickeln anthropometrische Verfahren, die nicht nur indifferenzbildender Absicht eingesetzt werden, sondern auch normative Standards etablierenAuf der Basis dieser Verfahrensweisen entstehen Diskurse der 'rassischen' wie auch der sozialen Differenzierung. Sie dienen darüberhinaus ebenso der Ausgrenzung vermeintlich bedrohlicher Devianzen wie etwa in den Methoden der kriminologischen Anthropologie. Im Rahmen eines empirischen Wissenschaftsverständnisses operieren sie mit einer Ordnung des Sichtbaren und verfügen über ein realitätserzeugendes (und durch Stereotypisierungen in hohem Maße normativ wirkendes) Potential. Typologische Vermessungen der anthropologischen Erfahrungswelt haben nicht von ungefähr um 1900 Konjunktur da sie im Zuge eines umfassenden kulturellen Umbruchs und krisenhafter sozialer Verunsicherungen, besonders im urbanen Feld, ein Register der Reduktion von Komplexität und der Bewältigung respektive der Ordnung von Chaos versprechen.

Der Workshop diskutiert diesen Kontext aus kultur-, kunst-, literatur- und medienwissenschaftlicher Perspektive. Im Zentrum stehen Fragen danach, welche anthropologischen Grundfragen die semiotische Praxis der Typenbildung aufwirft, in welcher Beziehung wissenschaftliche und künstlerische Typenbildung zueinander stehen, welche Rolle die mediale Form der (Stereo-)Typen jeweils spielt, welche Lektüreverfahren zur Entzifferung des physiognomischen Codes jeweils zur Anwendung kommen, wie diese eingeübt werden und wie sie ihren Geltungsanspruch legitimieren. Es wird danach gefragt, wie hereditäre Determinanten und soziale Milieus auf die Typisierung einwirken und wie eingeführte Typen normativ auf die Selbstgestaltung der Subjekte zurückwirken

Freitag, 18. 02.

12:00h - Einführung

12:30h - Susanne Scholz (Frankfurt):

"Face Books. Physiognomische Lektüren in der spätviktorianischen Literatur"

13:30h - Daniel Dornhofer (Frankfurt):

"'Racial Origins of Jewish Types': Jüdische Selbstverortung im Rassendiskurs der Jahrhundertwende

14:30h Anita Traninger (FU Berlin):

"Beobachtungsparadigma, Typisierung und Intertextualität am Beispiel von Mariano José de Larras 'Artículos' in ihrem europäischen Kontext"

16:00h - Thomas Roeske (Heidelberg):

"'Auferstehung des Fleisches, in dieser geschätzten Welt schon'. Sascha Schneiders Titelbilder zur Gesamtausgabe Karl Mays

17:00h - Elke Gaugele (Wien):

"'Plastisch erschaute Idealbilder'. Biopolitiken der Mode im Blickregime der kolonialen Moderne"

18:00h - Verena Kuni (Frankfurt):

"(Un)Sichtbar: Zur Typisierung des Entzugs"

Samstag, 19.02.

09:30h - Susanne Komfort-Hein (Frankfurt):

"'Aus dem Chaos fixieren': Zur (Un)lesbarkeit des Menschen zwischen 'eigentlichstem Wesen' und Ornament der Masse

10:30h - Björn Weyand (Frankfurt):

"'Wer blickt, wird rasch belehrt werden'. Zur Topik des Typologischen im neusachlichen Jahrzehnt"

12:30h - Andreas Becker (Frankfurt):

"Technische Reproduzierbarkeit und Typisierung in der Chronofotografie im frühen Film

13:30h - Julika Griem (Darmstadt):

Funny Bones. Kontinuitäten visualisierender Forensik zwischen 1900 und 2000

14:30h - Abschlussdiskussion

Freitag, 18.02.2011
Beginn: 12:30
Ende: 14:30
Veranstaltungsort
IG 1.414
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Veranstalter
Workshop / Werkstattgespräch
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