Karin Gludovatz
Der Mechanismus des Klappens prägt die Objektkultur des 15. Jahrhunderts maßgeblich. Bezogen auf den Bildgebrauch ermöglicht er, etwa im Format des Flügelaltars, das temporäre Verbergen bzw. Zeigen des Dargestellten und damit eine ‚Inszenierung‘ des (Nicht-)Sichtbaren. Der Vortrag möchte das Klappen jedoch als bildimmanentes Phänomen in den Blick nehmen und nach seiner Relevanz für das Verständnis des Tafelbildes im 15. Jahrhundert fragen. Auf motivischer Ebene spielt die Klappe mit dem Verhältnis von Raum und Fläche, gehört sie paradigmatisch doch beiden Dimensionen an und adressiert damit ein Grundproblem des illusionistischen Bildes, was sie als Figur bildtheoretischer Überlegungen produktiv macht. Ausgehend von ihrer Funktion für die innerbildliche Organisation, ist sie auch als Regulativ für das Verhältnis von bildlicher und außerbildlicher Wirklichkeit zu sehen. Das Klappen versetzt Dinge in Bewegung, im Modus des ‚Umschlagens‘ von einer Seite auf die andere ist jedoch auch intellektuelle Beweglichkeit aufgerufen. Das Interesse gilt also nicht nur dem Gegenstand, der Funktion und ihren Repräsentationen, sondern überdies den Möglichkeiten der Klappe als ‚Denkfigur‘.
Karin Gludovatz ist Professorin für neuere europäische Kunstgeschichte (14. - 18. Jhdt.) an der Freien Universität Berlin.