Stefan Brakensiek
Bei der Lotterien des 18. Jahrhunderts handelte sich überwiegend um „Projekte“, die von unterschiedlicher Seite an Fürsten und Staatsverwaltungen herangetragen wurden, von italienischen Unternehmern mit einschlägiger Erfahrung, von mathematisch gebildeten Gelehrten, von Financiers christlichen und jüdischen Glaubens, oft auch von Angehörigen des Hofes, die sich durch solcherart „spielerische“ Geldbeschaffung unentbehrlich machen wollten. Häufig scheiterten diese Projekte, was zahl- und umfangreiche apologetische Texte generierte, aus denen Argumente und Strategien bei sich abzeichnenden Schwierigkeiten sowie der Umgang mit dem unabweisbaren Scheitern hervorgeht – von Seiten der Projektoren und von Seiten der in verschiedener Weise Betroffenen. Die vielfach enttäuschenden Erfahrungen mit Lotterien führten nun nicht dazu, dass man künftig grundsätzlich die Finger davon ließ. Dagegen wird von vielen Lotto-Projektoren ins Feld geführt, sie hätten aus vergangenem Scheitern gründliche Lehren gezogen, sodass künftiges Scheitern geradezu mathematisch auszuschließen sei. Dass diesen Behauptungen immer wieder Glauben geschenkt wurde, ist gleichermaßen erstaunlich und erklärungsbedürftig.
Stefan Brakensiek ist Professor für Neuere Geschichte mit dem Schwerpunkt Frühe Neuzeit am Historischen Institut der Universität Duisburg-Essen