Pierre Monnet (Paris / Frankfurt a. M.)
Gab es in der mittelalterlichen Stadt eine „Öffentlichkeit“? Diese Frage zu stellen, bedeutet nicht nur, die Theorien von Jürgen Habermas auf ihre Verwendbarkeit für die mittelalterliche Gesellschaft hin zu hinterfragen, sondern auch, zwei miteinander verschränkte Fragen zu stellen: Was sagt eine Gesellschaft über sich selbst, wenn sie innerhalb des sozialen Gebildes eine Grenze zwischen „öffentlich“ und „privat“ zieht? Und was sagt die Mediävistik über sich selbst, wenn sie die Kategorie der „Öffentlichkeit“ aus anderen geschichtlichen Perioden importiert und anwendet? Ausgehend von der These, dass Öffentlichkeit zwar Orte kennt, aber an sich kein Ort ist, soll ein besseres Verständnis der mittelalterlichen Gesellschaft (und besonders der mittelalterlichen städtischen Gesellschaft) als polyfunktionales Nebeneinander von konkurrierenden Gruppen, als Raum der Formierung sozialer Gruppen durch kommunikatives Handeln erzielt werden.
Pierre Monnet ist Mittelalterhistoriker, Directeur d'études an der École des Hautes Études en Sciences Sociales (Paris), Vize-Präsident der Deutsch-Französischen Hochschule (Saarbrücken). Seit dem 1. September 2011 leitet er das Institut Français d'Histoire en Allemagne in Frankfurt.