Mittelalterliche jüdische Buchkunst in geteilten Kulturräumen auf der iberischen Halbinsel
IG-Farben-Gebäude, Raum IG 411
Forschungsfeld "Kulturen des Wissens"
Freiman-Lecture des Seminars für Judaistik
Während des 13. und des 14. Jahrhunderts entstanden an verschiedenen Orten Iberiens und Südfrankreichs mehrere, zum Teil reich illuminierte hebräische Bibeln – besonders nennenswert sind jene aus Toledo, Tudela oder Perpignan. Im Großen und Ganzen zeichnen sich alle diese Bücher durch ähnlich gestaltete nicht-figurale, meist nur ornamentale Verzierungen aus. So ähnlich diese zueinander in ihrem vorwiegend anikonischen Konzept zu sein scheinen, so sehr unterscheiden sie sich allerdings in ihrem Malstil und in der Technik der Verzierungen. Typische Merkmale der islamischen Kunst treffen immer wieder auf charakteristische Elemente aus der gotischen Buchkunst. Somit legen diese Verzierungen ein deutliches Zeugnis von den in ihrer jeweiligen Umgebung herrschenden Kulturverflechtungen ab.
Der jüngere kulturwissenschaftliche Diskurs thematisiert solche Phänomene als das Ergebnis transkultureller Verflechtungen. Ein Aspekt ist jedoch bisher nicht in diese Diskussion eingeflossen, nämlich die Frage, wie solche Begegnungen im Hinblick auf die physischen Raumkonstellationen, in denen sie stattfanden, verstanden werden können. In diesem Beitrag sollen Beispiele dieser Buchkunst synchron in den Blick genommen und untersucht werden, wie die jeweiligen städtischen Raumkonstellationen und die sichtbare Umgebung, in denen die Schreiber, Künstler und Auftraggeber lebten, diese Dekorationsschemata geprägt haben.
Katrin Kogman-Appel ist Professorin für jüdische Studien an der Universität Münster.